Kann eine ganze Organisation in ein Burnout geraten? Wie fühlt sich das hinterbliebene Team? Was können Führunsgkräfte tun, um einen “sanften” Widereinstieg zu ermöglichen?
Wir bewegen uns ständig in einem Spannungsfeld zwischen inneren Bedürfnissen und äußeren Anforderungen, zwischen Individualität und Prägung. Dem Wunsch nach Zugehörigkeit und Zufriedenheit und der Angst vor Ablehnung, Anspannung oder Frustration.
Der Weg in ein Burnout ist ein schleichender oft sehr langer Weg, bei dem die Grenzen immer weniger spürbar sind. Funktionieren steht an der obersten Stelle und der Dialog zu uns selbst ist bereits verloren gegangen. Betroffene haben die Umwelt nicht mehr im Blick und führen ein Leben, dass das Gegenteil von dem wiederspiegelt das sie eigentlich leben möchten.
In Firmen ist das Thema Burnout leider noch viel zu oft ein Tabuthema. „Sowas gibt‘s bei uns nicht“, „Der Mitarbeiter ist selbst daran schuld“, oder „Mich trifft keine Schuld“. Das sind noch immer Sätze, die ich oft höre, wenn ich mich mit KundInnen über Fluktuationen, psychische Belastung am Arbeitsplatz etc. austausche.
Diese Sätze schmerzen mich, denn laut vielen Statistiken steigen die Zahlen stetig an. Durch Corona und dem Wandel zu Homeoffice ist die Dunkelziffern noch viel höher. Nehmen wir an, es gibt einen Burnout-Fall in einem Unternehmen. Dann ist es nicht hilfreich, die Schuld zu suchen oder zu finden bzw. sie „jemanden“ zu geben. Nicht nur die Person selbst, die ein Burnout erleidet, sondern auch die Führungskraft und das Team sind davon betroffen.
Oft fragen sich MitarbeiterInnen, KollegInnen: „Was? Wie konnte ich das nicht merken?“, „Wie konnte das passieren?“ Diese Gedanken können sehr mächtig werden, und oft ist keiner da, der zuhört, sich austauscht, Zeit und Raum gibt, um die Situation zu akzeptieren. Der den MitarbeiterInnen die Chance gibt, zu verstehen. Natürlich auch um bewusst zu überlegen, wie geht mein Team damit um, wie integrieren wir diese Person wieder nach Ihrer Rückkehr (hoffentlich auch Kur- oder Rehabesuch).
Oft holen sich Führungskräfte dann eine Ersatzperson hinein. Das ist ein verständlicher Ansatz, aber bis diese Person eingearbeitet ist usw. dauert es wieder Monate. Und wir dürfen auch eines nicht vergessen, Personen die in ein Burnout kommen sind oft die Highperformer des Teams- die Menschen die weit über Ihr Leistungsspektrum gehen. Diese nutzen zunächst den positiven Stress und arbeiten in einem Flow-Zustand dahin, bis sie merken, sie kommen nicht mehr zu Pausen und verlieren sich am Ende komplett selbst. Dies führt dann vermehrt zu negativen Stress, den sie irgendwann nicht mehr kompensieren können. Wenn niemand von außen einwirkt und den „Stopp-Knopf“ drückt, dann ist eine hohe Wahrscheinlichkeit da, dass die Person in ein Burnout fällt. Natürlich gibt es auch andere Einflussfaktoren, die auch von außen – Freunden, Partnerschaft, Familie etc. nicht gesehen und angesprochen werden.
Kann auch ein Unternehmen in ein Burnout geraten?
Hier ein Auszug aus deinem Interview zwischen Unternehmensberater Gustav Greve und heute.de von 30.12.2010.
Heute.de: Ist diese Erschöpfung einfach auf die Überarbeitung der Mitarbeiter oder auf Missmanagement der Führungsebene zurückzuführen?
Gustav Greve: Ein Burnout bei Unternehmen liegt daran, dass sie sich in einem Zustand der Erschöpfung, oftmals der Lähmung befinden und sich nicht mehr selbst daraus befreien können. Das Burnout ist nicht nur die Summe individueller Erschöpfung oder die Folge von Missmanagement. Das Phänomen ist sehr viel komplexer, denn es brennt die Unternehmenskultur aus. Für MitarbeiterInnen bedeutet, dass, dass sie sich in der Regel neue Jobs suchen bzw. innerlich kündigen. Das Unternehmen oder die Organisation verliert das Know-how und die Leistungsbereitschaft seiner Angestellten.
Heute.de: Ist das Burnout von Unternehmen ein neues Phänomen, das mit unserer heutigen Arbeitswelt zusammenhängt? Welche Unternehmen sind besonders anfällig dafür?
Gustav Greve: Nachdem heute Unternehmen, aber auch öffentliche Institutionen, immer schneller, effizienter, flexibler und internationaler, also immer intelligenter, agieren müssen, um ihre Position im globalen Wettbewerb zu halten, haben sie kaum noch Chancen eine stabile Kultur zu entwickeln, oder gar die Zeit die Beschäftigten immer wieder neu mental auf den Strukturwandel vorzubereiten. Nur intelligente Organisationen sind heute wettbewerbsfähig und gerade diese sind prädestiniert für ein Burnout. Der Grund: Diese Hochleistungsorganisationen sind sensibel wie Rennpferde, behandelt werden sie aber wie Lastesel.“ (gefunden im Buch Kéré Wellensiek, (2011) Handbuch Resilienz-Training.)
Das Interview zeigt immer mehr, wie wichtig es ist, die Personen in einer Organisation bewusst wahrzunehmen, vorallem in der schnelllebigen VUKA-Welt.
Was tun, wenn eine Person aus einem Langzeitkrankenstand zurückkommt? Was ist der ideale „Reboarding-Prozess“, wie kann ein Wiedereinstieg funktionieren?
Stellen wir uns mal vor ….
…Herr Mustermann ist aktuell im Krankenstand, da er eine große unvorhersehbare Krise erleben musste: Beispiel Burnout. Er hat sich Hilfe geholt, das Unternehmen hat ihn geschützt, ihn aufgefangen. Alles gemacht, damit er wieder zu sich findet. Dann kommt der Tag X an dem Herr Mustermann wieder ins Unternehmen kommt. Auf diesen Tag hat nicht nur der Mitarbeiter ewig gewartet, sondern natürlich auch die Chefin und die KollegInnen.
Personen, die eine psychosoziale Erkrankung hatten, finden sich oft im Drehtüreffekt wieder. Das heißt, sie kommen zurück an ihren Arbeitsplatz und geraten viel zu schnell wieder in alte Denkmuster und Handlungsweisen. Häufig fehlt das Verständnis der KollegInnen und Vorgesetzten, beziehungsweise die angemessene Abstimmung mit dem weiteren Umfeld. Die Krankheit bricht dementsprechend häufig wieder aus. Neben den leidvollen Erfahrungen des Betroffenen zieht die Erkrankung aber noch viel weitere Kreise. Die direkten Familienangehörigen, oft auch ArbeitskollegInnen und MitarbeiterInnen, sind in zweiter Reihe mitbeteiligt. Sie leiden ebenso unter den Symptomen einer schleichenden Erschöpfungserkrankung, die letztendlich alle Lebensbereiche mit einem grauen, lähmenden Schleier umzieht.
Auch nach einer langen Therapie geht es nicht sorglos weiter. Was könnten also geeignete Schritte sein?
- Pflege der Kultur auf Augenhöhe – „darüber sprechen“
- Bei kleinen Anzeichen – achtsam sein und Beobachtungen kommunizieren
- Führungskräfte haben die Pflicht, Störungen anzusprechen, die sich nachteilig auf das Arbeitsklima und die Leistung auswirken
- Auszeit des Mitarbeiters respektieren und akzeptieren
- Präventiv mit dem Team sprechen, gemeinsame Wege finden für ein faires und achtsames Miteinander
- Termine mit den Betroffenen vereinbaren, gemeinsame Erarbeitung des Wiedereinstieges, sensibler Umgang (Zeit und Raum)
- Einen langsamen Wiedereinstieg planen, gemeinsame Grenzen setzen (Stunden und Projektauslastung)
- Team-Workshop (Burnout-Präventionstraining)
- Führungskraft stärken (Coaching, Resilienz-Training)
- Ideen des Teams einholen
Vulnerable Gruppen benötigen eine ganz besonders sensible Form des Wiedereinstiegs. Neben einer professionellen psychologischen Betreuung ist ein ergänzendes Resilienz-Training in Kombination mit einem Coaching ein guter Weg, dem Mitarbeiter Herr Mustermann Wertschätzung und Unterstützung entgegen zu bringen. Eine externe Stütze, die Themen aufarbeitet und Gesundheitsprävention fördert.
Gerne helfe ich bei der Wiedereingliederung von Personen, die gerade eine Krise erlebt haben und in den Berufsalltag zurückkehren mit meinem Angebot TimeOut.team.